VW Marktmanipulation: Der FaktencheckDatum: 29.12.15
VW Marktmanipulation: Der Faktencheck
Von Andreas Beyer
2015 war mit dem Abgas-Skandal wieder ein Jahr mit Kurskapriolen bei der VW Aktie. Die nahezu zeitgleich stattfindende juristische Aufarbeitung der angeblichen VW Marktmanipulation erzeugt derzeit deutlich weniger Aufmerksamkeit, obwohl die Kurskapriolen des DAX-Wertes im Oktober 2008 alles bislang Dagewesene in den Schatten gestellt haben. Das Gericht beschäftigt sich mit der Frage, ob der frühere Porsche SE Vorstand hinsichtlich der geplanten Übernahme über viele Jahre hinweg die Öffentlichkeit bewusst getäuscht habe. Die Angeklagten bestreitet dies. Derweil liefert die kritische Würdigung einer einzigen Presse-Meldung entscheidende Fakten.
Am 26. Oktober 2008 teilte die Porsche Automobil Holding SE der Öffentlichkeit folgende Umstände mit:
1.) Die Porsche SE hält 42,6 Prozent der Volkswagen Stammaktien. Zudem habe Porsche über sogenannte Equity Swaps Zugriff auf weitere 31,5 Prozent, so dass sich in der Summe ein „Betrag von 74,1 Prozent“ ergäbe.
2.) Zielsetzung sei, im Jahr 2009 auf 75 Prozent aufzustocken und damit den Weg für einen Beherrschungsvertrag frei zu machen.
Als Begründung für die Veröffentlichung der Meldung wird mitgeteilt, Shortsellern Gelegenheit zu geben, „ihre Positionen in Ruhe und ohne größeres Risiko aufzulösen“.
Was folgte, ist Geschichte: In den darauf folgenden drei Börsentagen stieg der Aktienkurs der VW Stämme von 210 € auf über 1.200 €. Infolge der Aktiengewichtung im DAX stieg der Index um ca. 12%. Die Marktkapitalisierung von Volkswagen betrug vorrübergehend ein Viertel (!) aller DAX 30 Werte.
Equity Swaps waren zum damaligen Zeitpunkt ein probates Mittel zum „Anschleichen“ bei Übernahmen, da im Gegensatz zu heute keinerlei Stimmrechtsmeldungen ausgelöst wurden. Aber - und nun sind wir bei Fakt 1 – stellt ein nicht mehr an der Börse verfügbarer Anteil von 31,5% eines DAX-Wertes zweifelsfrei eine Insiderinformation dar. Die dem Markt bekannte Liquidität und Handelbarkeit der VW-Aktie war seit geraumer Zeit also nicht mehr vorhanden. Vielmehr war die Aktie „knapp“. Die Indexgewichtung der Aktie im DAX stimmte nicht. Die Deutsche Börse hat folglich wenige Tage nach der Meldung mit einer Begrenzung des VW-Anteils im DAX reagiert.
Fakt 2: Der Markt wusste Bescheid, dass viele Anleger gegen die Komplettübernahme von VW gewettet hatten. Auch Porsche hatte die Information über den ungefähren Anteil der leer verkauften Aktien. Es war völlig klar, dass die Information einer 74,1%-de-facto-Beteiligung an VW unter den Leerverkäufern Panik verursachen würde, zumal sie mit Kündigungen ihrer Wertpapierleihen jederzeit rechnen mussten. Warum überhaupt wendet sich Porsche mit einer Meldung direkt an die Shortseller? Seit wann denken Aktiengesellschaften an das Wohl von Leerverkäufer?
Fakt 3: Der VW-Kurs notierte am Werktag vor der Presse-Meldung nahe eines Fünfwochentiefs. Porsche’s komplexe Options- und auf Pump aufgebaute Finanzierungsstrategie brauchte dringend steigende Kurse.
Fakt 4: Die Kapitalmarkt-Meldung war unstreitig eine Ad-hoc-Meldung, welche jedoch nicht ad-hoc kam, sondern verspätet an einem Sonntag (!) aus strategischen Gründen veröffentlicht wurde. 31,5% Equity Swaps an VW baut man schließlich nicht über Nacht und auch nicht grundlos auf. Dahinter steckt ein Plan. Warum legt man erst kurz vor dem vermeintlichen Ziel – es fehlten 0,9% - die Karten auf den Tisch?
Der Faktencheck ergibt ein klares Bild. Die von Porsche mit der Meldung zu spät hergestellte Transparenz hat ein Marktbeben verursacht, weil dem Markt kursrelevante und sensible Informationen zur Beurteilung bewusst vorenthalten wurden. Diese Presse-Meldung hat den größten Short Squeeze der Börsengeschichte ausgelöst und VW vorrübergehend zum teuersten Unternehmen der Welt gemacht. Es ist geradezu grotesk und wiederum auch ein Fakt, dass die Shortseller zuvor mit ihren Verkäufen letztlich Porsche geholfen haben, sich billig mit Ware einzudecken.
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